Ich bin normalerweise sehr kritisch was epische Fantasy angeht, zu oft liest man tausende von Seiten um dann bei einem recht vorhersehbaren Ende anzukommen, die Figuren ähneln ausserdem meistens den altbekannten Helden anderer Geschichten.
Letztendlich kennt man ja alles schon von Tolkien, ausserdem hasse ich z.B. Lizenzromane die bekannte Rollenspielwelten verwursten, z.B. die endlos lange Saga vom guten lieben Dunkelelfen mit seinen zwei magischen Schwertern, seinem magischen Panther und seinen tollen Superfreunden die in jedem Band mindestens einmal die Welt retten.
So war ich dann auch recht skeptisch als mir "Das Lied von Eis und Feuer" oder auch "Song of Ice and Fire" ans Herz gelegt wurde.
Gottseidank hat sich meine Skepsis diesmal nicht bestätigt, die ersten beiden Bände, die jeweils mit lockeren 1000 Seiten aufwarten konnten habe ich in nicht mal 2 Wochen durchgepflügt und gerade lese ich mit grossem Vergnügen Band 3.
George Martin bricht mit sämtlichen Klischees die dem Freund anspruchsvoller fantastischer Literatur an dem ganzen Geschreibsel der unzähligen Salvatores, Hohlbeins und Goodkinds dieser Welt auf die Nerven gehen.
Keine Superhelden, keine kleinen Jungs die zum mächtigsten Magier der Welt werden, keine Orks, Zwerge und Elfen.
Nagut, einen Zwerg gibt es, aber es handelt sich hier um einen kleinwüchsigen Menschen, Tyrion Lannister, nur eine von vielen Figuren die das Lesen des Buches zu einem unglaublichen Vergnügen machen.
Die Welt ähnelt sehr dem europäischen Mittelalter, mit der Ausnahme das die Jahreszeiten auf Westeros um einiges länger sind.
Nach vielen Jahren des Sommers steht nun ein erneuter Winter bevor und die Maester von Oldtown sind sich einig das dieser besonders lang und grimmig sein wird.
Das Land wird durch zahlreiche adelige Fürstenhäuser regiert, welche alle dem König Robert Baratheon die Treue geschworen haben.
Im Norden liegt die Provinz Winterfell, der Sitz des Hauses Stark und noch weiter nördlich liegt der grosse Wall, welcher von einer mönchsähnlichen Bruderschaft bewacht wird, um die Wildlinge und die mysteriösen Anderen daran zu hindern in das Königreich einzudringen.
Als König Robert in die nördlichste Provinz reist, um seinen alten Freund Eddard Stark nach 15 Jahren zu besuchen und beschliesst ihn zu seiner rechten Hand zu machen, löst dies Ereignisse aus, welche ganz Westeros verändern werden.
Soweit zum Beginn des ersten Bandes, Die Herren von Winterfell (A Game of Thrones im Original).
Absolut brilliant ist die Erzählweise, jedes Kapitel wird aus der Sicht einer anderen Figur beschrieben, wobei der Name der jeweiligen Person auch die Kapitalüberschrift ist.
Im Laufe der Bände kommen neue Figuren hinzu, Charaktere die man bisher nur als Nebenfiguren wahrgenommen hat übernehmen so tragende Rollen, ehemalige Unsympathen werden plötzlich zu echten Sympathieträgern weil man ihre Ziele und Motive erfährt.
Und George Martin schafft es immer wieder zu überraschen, die Erwartungen des Lesers total über den Haufen zu wefen oder sogar noch zu übertreffen, Figuren sterben bei denen man dies nicht für möglich gehalten hätte, Freunde werden zu Feinden, unerwartete Bündnisse werden geschmiedet oder gebrochen.
Es geht auch um grosse Schlachten, aber vor allem um zahlreiche Intrigen, die Dialoge sind sehr gut und die Figuren glaubwürdig, einige schliesst man sofirt ins Herz während man andere augenblicklich hasst.
Der einzige Nachteil ist das die Reihe erst mit Band sieben abgeschlossen sein wird, Band 5 erscheint vorraussichtlich Anfang nächsten Jahres auf Englisch, ich bin mir allerdings sicher das das Niveau der Erzählung nicht nachlassen wird.
Allen die des Englischen mächtig sind empfehle ich die Originalausgabe, da in der deutschen Übersetzung mal wieder vom Verlag die beliebte Unsitte aufgegriffen wurde aus einem Englischen Buch 2 deutsche zu machen, was leider bei fantastischer Literatur mittlerweile schon fast üblich ist, daher gibt es bisher schon 6 deutsche Bände, statt 3 englischer.